Erstellt am: 15.05.2020
Mario Trunzer: „Unsere Unternehmen brauchen weitere Entlastungen und verlässliche Rahmenbedingungen, um diese Krise meistern zu können.“
Im Jahr 2019 hatte die regionale Metall- und Elektroindustrie (kurz M+E) ein leichtes Umsatzwachstum von 1,1 % auf 13,260 Mrd. Euro zu verzeichnen, die Exportquote lag bei 59,1 %.Die Firmen haben mit 520 Mio. Euro erneut kräftig investiert.„2019 war für die regionalen M+E-Unternehmen noch relativ gut“, sagte Mario Trunzer, Geschäftsführer der Liebherr Werk Ehingen GmbH und Vorsitzender der Südwestmetall Bezirksgruppe Ulm beim heutigen Pressegespräch anlässlich der jährlichen Wirtschaftsumfrage, die die Bezirksgruppe unter den Mitgliedsbetrieben durchgeführt hat. Auch die Zahl der Beschäftigten in regionalen M+E-Betrieben steigerte sich um 1,1 % auf 58.695 Mitarbeiter/innen. Weiterhin auf hohem Niveau ist die Ausbildungsquote. Sie ist 2020 wieder auf 5,0 % gestiegen. Die Zahl der Ausbildungsstellen mit Ausbildungsbeginn 2020 ist um 3,2 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. „Insgesamt haben wir in der Region derzeit 3.000 Auszubildende in der M+E-Industrie. Dies ist ein sehr hoher Wert, der das Engagement der Unternehmen zeigt, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, sagte Stefan Halder, geschäftsführender Gesellschafter der Erwin Halder KG in Achstetten/Bronnen und stellvertretender Vorsitzender von Südwestmetall Ulm.Aktuell besteht jedoch eine große Unsicherheit unter den Unternehmen über den Fortgang der Konjunktur und nur eine geringe Zuversicht für 2020. „Wir brauchen nun schnell politische und gesetzliche Rahmenbedingungen, die den Unternehmen wieder Planungssicherheit geben“, bekräftigte Trunzer. Hierzu gehörten auch schnelle Grenzöffnungen, die für die global agierenden Unternehmen von großer Bedeutung seien.„In 2020 erwarten rund 70 % der Firmen einen Umsatzrückgang. Nur zwölf Prozent rechnen mit steigenden Umsätzen“, sagte Halder. In dieser Situation darf es keine zusätzlichen bürokratischen oder finanziellen Belastungen für die Wirtschaft geben, wie zum Beispiel Steuererhöhungen. Daher sollte die Bundesregierung alle im Koalitionsvertrag vorgesehenen diesbezüglichen Gesetzesprojekte aufgeben. „Auch die Grundrente muss nochmals auf den Prüfstand“, bekräftigte Halder. „Vielmehr brauchen wir Erleichterungen bei gesetzlichen Regelungen, wie den Arbeitszeitregelungen und befristeten Arbeitsverhältnissen, um mehr Flexibilität in der wirtschaftlichen Erholung zu ermöglichen“, so Halder.Für 73 % der Firmen sind die fehlenden bzw. stornierten Aufträge der Hauptgrund für die aktuellen Schwierigkeiten. Bei einem Drittel der Firmen kommt es wegen fehlender Teile oder Material zu Produktionsbehinderungen. „Die Lieferketten sind noch brüchig“, sagte Thomas Handtmann, Geschäftsführer der Albert Handtmann Holding GmbH & Co. KG in Biberach und stellvertretender Vorsitzender von Südwestmetall Ulm.„Zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage brauchen wir daher wirtschaftspolitische Flankierungsmaßnahmen durch wirkungsvolle Investitionsanreize“, führte Trunzer weiter aus.Zudem müssten die Möglichkeiten zur Liquiditätssicherung erweitert werden, zum Beispiel über eine längerfristige Stundung der Sozialversicherungsbeiträge oder eine erweiterte Verlustverrechnung mit Vorjahren. „Auch wir Sozialpartner müssen tarifvertragliche Vereinbarungen treffen, die die Unternehmen bei den Kosten entlasten“ führte Trunzer aus. Dies gelte für die tarifliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, die an der Liquidität der Unternehmen zehre. Auch die maximale Ausnutzung tariflicher Differenzierungsmöglichkeiten und die zusätzlichen Kosten für den erweiterten Arbeits- und Gesundheitsschutz fallen darunter.„Die Erhaltung der Arbeitsplätze hat bei den Firmen eine hohe Priorität“, bekräftigte Handtmann. Dies zeige der relativ geringe Saldo von 112 geplant abzubauenden Stellen für 2020. Zur Beschäftigungssicherung wird auch Kurzarbeit verstärkt eingesetzt. Aktuell planen bzw. sind zwei Drittel der Betriebe in Kurzarbeit. „Die krisenbedingten Verbesserungen der Regelungen für das Kurzarbeitergeld waren und sind enorm wichtig“, führte Handtmann weiter aus. Für die Zukunft werde vor allem die weitere Verlängerung des Kurzarbeitergelds über 12 Monate für viele Unternehmen wichtig werden und damit auch über das Jahresende hinaus.Aber auch andere Flexibilitätsinstrumente haben die Firmen bereits genutzt: Abbau Zeitguthaben, Auslaufen von Befristungen und Beendigung von Zeitarbeit. Trunzer: „Während sich die Anzahl der befristet Beschäftigten um fast 18 % reduziert hat, ist die Anzahl der Zeitarbeitnehmer/innen um 25 % gesunken. „Dies zeigt, dass die Firmen unbedingt diese Flexibilitätsreserve benötigen, um auf konjunkturelle Schwankungen reagieren zu können. Die Bundesregierung sollte daher von ihrem Plan ablassen, die Möglichkeit von sachgrundlosen Befristungen einzuschränken“, so Trunzer weiter. Auch ein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice dürfe nicht kommen. „Schon heute wird mobiles Arbeiten dort eingesetzt, wo es möglich und sinnvoll ist. Beim Einsatz von Homeoffice müssen aber natürlich stets auch betriebliche Belange eine zentrale Rolle spielen“, sagte Trunzer.Info zur Konjunkturumfrage:An der Konjunkturumfrage haben sich 65 Betriebe beteiligt. Dies entspricht einem Repräsentationsgrad von 48 % der Betriebe der Bezirksgruppe Ulm und 71 % der Beschäftigten.Info zu Südwestmetall:SÜDWESTMETALL ist der Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg. Er ist kompetenter Ansprechpartner für Arbeitgeber in arbeits- und sozialrechtlichen, tarifvertraglichen und sozialpolitischen Fragen. SÜDWESTMETALL ist Sprachrohr für seine Mitgliedsbetriebe gegenüber Gewerkschaft, Staat und Öffentlichkeit. Zusammen mit dem Sozialpartner vereinbart SÜDWESTMETALL in Tarifverträgen die Bedingungen der Arbeitsverhältnisse.Durch praxisorientierte Schulungen vermitteln Juristen und Ingenieure von SÜDWESTMETALL Führungskräften und Mitarbeitern der Mitgliedsunternehmen aktuelle Kenntnisse der Gesetze, der Vorschriften aus dem Arbeits- und Sozialrecht und dem betrieblichen Umweltschutz.Die Bezirksgruppe Ulm von SÜDWESTMETALL und des tarifungebundenen Unternehmensverbands Südwest betreut in der Region Ulm, Biberach, Alb-Donau und dem südöstlichen Teil Sigmaringens 135 Betriebe mit 58.695 Mitarbeitern.